Von Dzingel, Rentnern und Liebesbriefen: Touristisches Treiben in Tallinn

14Aug2019

 

Um dem Jetset-Lifestyle oder auch Roadtrip-Leben gerecht zu werden, machten wir uns nun also auf den Weg in den dritten und damit nördlichsten Baltikum-Staat, genauer gesagt in die Hauptstadt Tallinn und noch genauer gesagt ins Hotel Dzingel. 

An dieser Stelle sei erwähnt, dass je weiter die Reise ging, desto mehr stiegen auch die Preise von Sprit, Lebensmittel und vor allem Hotels (ach Polen, warst du doch günstig...) und somit fiel unsere Wahl auf das verhältnismäßig preiswerte Hotel mit dem klangvollen Namen Dzingel. 

Wir hatten ja gar keine Ahnung, dass Hotel Dzingel eine Art Wallfahrtsort für alle Bustouren für und von Rentnern ü70 war. Das hieß, wir rissen den Altersdurchschnitt drastisch nach unten. Besonders deutlich wurde das beim Abendessen im Hotelrestaurant, das sehr lecker war und mit einer Aussicht auf alle möglichen Grau-/Weißtöne an Haarfarben verbunden war. 

Der Eindruck wurde dann am nächsten Morgen am Frühstücksbuffet erneut bestätigt, unter die vorwiegend deutschen Rentner mischten sich mittlerweile auch einige Spanier und vermutlich Russen. 

Nach dem morgendlichen Menagieren machten wir uns auf ins Stadtzentrum Tallins. Nach ungefähr 15 Minuten endete die Fahrt in einer Art Allee, wo wir Allegra offenbar kostenlos abstellen konnten und so war es nur ein Katzensprung in das touristisch erschlossenen und menschenbefüllte Altstadtviertel. Mit all den anderen 5416 Touristen (Angabe ohne Gewähr) wurden wir nach nur 4 Minuten bummeln von einem monsunartigen Regenschauer überrascht und wir sorgten uns um all die Spanier, die völlig entsetzt gen Himmel blickten. So schnell der Regen kam, war aber auch der blaue Himmel und der Sonnenschein zurück und wir setzten unsere Entdeckungstour fort.

Auch wenn ich mich hier ständig wiederhole, muss ich auch hier festhalten, wie schön und einzigartig Tallinn doch ist. Wir liefen einmal durch die gesamte Altstadt: unzählige Kirchen, historische Reihenbauten und viele Museen, noch mehr Geschäfte und Lokale, Cafés und Restaurants. Nachdem wir u.a. den Rathausplatz und einige Kirchen zu Gesicht bekamen, kraxelten wir dann einen steilen Berg hinauf entlang der alten Stadtmauer, vorbei am  Kanonenturm "Dicke Margarethe" um die wahnsinnig schmuckvolle Alexander-Newski-Kathedrale, eine russisch-orthodoxe Kathedrale von 1900, von innen und außen zu bewundern. Diese befindet sich auf dem Domberg zwischen dem rosaroten Parlamentsgebäude und der Residenz des deutschen Botschafters. Von der Aussichtsplattform des Dombergs aus hatte man eine richtig schönen Blick auf die Stadt herab - das fanden nicht nur wir, sondern auch alle anderen Tausend. So wurde das Fotografieren sehr kuschlig eng und nachdem wir uns wieder befreit hatten aus den Massen, nahmen wir eine Abkürzung über einige historische Treppenstufen, die als eine Art Fluchtweg durch die massive Stadtmauer dienten und in eine kleine Gasse hinter dem Rathausplatz und hin zu einer weiteren Kirche mündeten.

Nachdem wir zum dritten Mal am Hauptplatz und Marktplatz rauskamen, entschlossen wir uns dazu, in ein sehr schönes Kaffeehaus, das sich als eines der ältesten Kaffehäuser Tallinns herausstellte und vergnügten uns mit einer Tasse Kaffee und den unzähligen asiatischen Touristen, die eine riesen Freude hatten, das Schaufenster mit der dekorativen Modelleisenbahn aus allen erdenklichen Winkeln zu fotografieren. 

Danach wollten wir noch in das große Shoppingcenter der Stadt, um - wer hätt's gedacht - mal wieder unser Abendessen zusammenzustellen, welches wir planmäßig im Dzingel-Zimmer verspeisen wollten (es hieß nur, dass das Zubereiten von Nahrung verboten ist und wir hatten ja nicht vor zu kochen, sondern nur alles Gekaufte zu verdrücken. Haben wir später dann auch, nur dass sich keiner sorgt und um jegliche Zweifel aus dem Weg zu räumen: ja, wir sind Rebellen). 

Ich habe ja schon von der Allee berichtet, in der Allegra geduldig auf uns wartete. Es stellte sich heraus, dass man dort nicht kostenfrei parken durfte und somit war das dann der 2. Liebesbrief einer Politesse in einer Woche, diesmal im Wert von 31 Euro. Lief bei uns. 

Naja, jeder Abenteurer muss ein paar Rückschläge verkraften und wir hatten ja die Aussicht noch eine weitere Nacht im 9. Stock des Dzingelhotels residieren zu dürfen. 

Mit besagtem Abendessen, mal wieder einer Runde Bildungsfernsehen und Beautyprogramm im verboten knallorangen Bad ließen wir den Abend ausklingen und waren schon sehr gespannt auf den kommenden Tag, wo wir endlich Finnland erreichen würden...